Kein Kommunalpolitiker hat Rünthe in der Nachkriegszeit und in den Jahren der jungen Bundesrepublik so geprägt, wie der
frühere Bürgermeister Paul Prinzler. Der Sozialdemokrat steht für den Wiederaufbau und für den demokratischen Neuanfang nach dem Ende von Krieg und Diktatur.
Prinzler erblickte am 11. März 1899 in Hettstedt das Licht der Welt. Er kam in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg als Kind nach Rünthe. Seine Familie teilte das Schicksal vieler Bergleute aus dem Mansfelder Land in der damaligen Provinz Sachsen. Nach einem Massenstreik im Jahre 1909 wurden zahlreiche Bergmänner entlassen und lebenslang für eine Tätigkeit gesperrt. Von jeglicher Perspektive beraubt, verließen die sächsischen Bergleute ihre Heimat und fanden in Rünthe, wo ihnen die Zeche Werne Arbeit und Wohnraum bot, ein neues Zuhause.
Paul Prinzler wurde 1924 Mitglied der SPD. Er arbeitete als Hauer am Schacht III der Zeche Werne und nach dessen Schließung im Jahre 1930 auf der Zeche Grimberg. Bei den Kommunalwahlen im November 1929 und im März 1933 zog er in den Gemeinderat ein und wurde Vorsitzender der SPD in Rünthe. Nach der Machtergreifung Hitlers wurde er zum Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Paul Prinzler wurde am 15. April 1933 aus politischen Gründen als Hauer der Zeche Grimberg entlassen und blieb bis zum 30. September 1936 mit einem Berufsverbot belegt. Am 18. April 1933 erfolgte seine Verhaftung. Für zwei Wochen wurde er im KZ Schönhausen interniert. Seine Haftentlassung erfolgte mit der Auflage, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden. Direkt nach seiner Freilassung musste er im Gemeinderat die Auflösung der SPD in Rünthe verkünden. Die Dortmunder Zeitung schrieb in ihrer Ausgabe vom 4. Mai 1933: „Rünthe, 3. Mai. SPD aufgelöst. In der unter Vorsitz des kommissarischen Gemeindevorstehers Keinemann stattgefundenen Gemeinderatssitzung gab der sozialdemokratische Gemeindevertreter Prinzler bekannt, dass die Ortsgruppe der SPD Rünthe aufgelöst sei und die ehemaligen Vertreter der Partei im Gemeinderat gewillt seien, ihr Mandat weiterhin auszuüben, aber künftighin im Sinne der nationalen Regierung zu arbeiten.“
Nach dem Krieg berief ihn die britische Militärregierung am 1. Juni 1945 zum Bürgermeister von Rünthe, weil er als politisch unbelastet galt. Gut ein Jahr später wurde Paul Prinzler, der im Hauptberuf wieder als Hauer auf der Zeche Werne tätig war, bei der ersten freien Kommunalwahl im Amt bestätigt, das er fortan bis zu seinem Tod am 22. August 1963 behalten sollte. Von 1953 bis zum Frühjahr 1963 führte er außerdem als Amtsbürgermeister das Amt Pelkum, dem neben Rünthe noch 15 weitere Altgemeinden der damaligen Zeit angehörten. Zusätzlich war er von 1946 bis 1961 Mitglied des Kreistages in Unna.
In Rünthe bleibt sein Name mit dem Wiederaufbau nach dem Krieg und der Entwicklung der Gemeinde in den Wirtschaftswunderjahren verbunden. In seiner Amtszeit entstanden Kettler-, Wichern- und Böggefeldsiedlung, etwas später die Siedlungshäuser in der Feldstraße und am Ende der Overbergerstraße. Auch die kommunale Infrastruktur wurde konsequent entwickelt, etwa mit dem Bau des alten Jugendheims und des Stadions in Rünthe-West. Viele der Maßnahmen prägen bis heute das Ortsbild und bilden die Spuren, die Prinzler hinterlassen hat. Sein größtes Vermächtnis aber ist der Zusammenschluss mit den damaligen Altgemeinden Bergkamen, Heil, Oberaden, Overberge und Weddinghofen, um über den Weg einer Großgemeinde die Stadtrechte zu erhalten. Paul Prinzler gilt als Wegbereiter für die Gründung der Stadt Bergkamen. Als Amtsbürgermeister des Amtes Pelkum hatte er bei der kommunalen Neuordnung einen besonderen Blick auf die Zukunftsfähigkeit der bis dahin kleinen Gemeinden. Es mutet tragisch an, dass bei der betreffenden Abstimmung im Gemeinderat von Rünthe ausgerechnet seine Stimme fehlte, um die erforderliche Mehrheit zu erlangen. Prinzler war Anfang des Jahres 1963 schwer erkrankt und befand sich zur stationären Behandlung im Krankenhaus. So musste im Juni 1963 durch eine Volksabstimmung über den Zusammenschluss entschieden werden. Mit 62 Prozent aller Wählerstimmen sprachen sich die Rünther für die Stadtgründung aus. Sein Werk konnte Prinzler nicht mehr vollenden. Er starb zwei Monate später im Städt. Krankenhaus in Hamm.
Am 26. August 1963 fand unter großer Anteilnahme der Bevölkerung die Trauerfeier auf dem Rünther Friedhof statt. August Kühler, der sein Nachfolger wurde, würdigte Prinzler als einen „Bürgermeister von Format.“ Hunderte Trauergäste erwiesen dem Verstorbenen die letzte Ehre, viele Rünther Vereine schickten eine Fahnenabordnung und standen am Sarg Spalier. Die kommunale Neugliederung wurde nach Prinzlers Tod von August Kühler vollzogen, der als letzter Bürgermeister von Rünthe die Altgemeinde in die Stadtwerdung führte.
Dankbar erinnern sich die alten Rünther bis heute an Paul Prinzler und amüsieren sich zugleich über seinen sächsischen Dialekt, den er Zeit seines Lebens nicht ablegen konnte, obwohl aus dem Bergmannsjungen aus Hettstedt ein bedeutsamer Kommunalpolitiker des Ruhrgebiets geworden war.