Ein unvollendetes Ehrenbuch - Gefallenenakten des früheren Amtes Unna-Kamen

Die Gefallenenakten des Amtes Unna-Kamen sollten für ein Ehrenbuch verwendet werden. (Quelle: Stadtarchiv Unna)
Die Gefallenenakten des Amtes Unna-Kamen sollten für ein Ehrenbuch verwendet werden. (Quelle: Stadtarchiv Unna)

76 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs erinnern verschollen geglaubte Akten aus dem früheren Amt Unna-Kamen an den Weltenbrand. Unnas Stadtarchivar Dr. Frank Ahland fand das Material nach seinem Dienstantritt in Kisten verpackt im Magazin. Das Archivgut enthält unter anderem eine Kartei über gefallene Soldaten der Altgemeinden Oberaden und Weddinghofen, die damals dem Amt Unna-Kamen angehörten. Mit den Dokumenten sollte ursprünglich ein Ehrenbuch erstellt werden, um dauerhaft an die Männer zu erinnern. Gemeinsam mit seinem Praktikanten Guillaume Destrac wertet Ahland die Dokumente seit Monaten aus, schließlich gehörten noch 15 weitere Landgemeinden der Amtsverwaltung an.

Dr. Frank Ahland und Guillaume Destrac. (Foto: Manuel Izdebski)
Dr. Frank Ahland und Guillaume Destrac. (Foto: Manuel Izdebski)

Es liegen 39 Akten für Gefallene aus Oberanden und 13 Akten aus Weddinghofen vor. „Neben einem Personalbogen und Lebenslauf finden wir für viele Soldaten auch ein Lichtbild und manchmal Feldpostbriefe“, erläutert Dr. Ahland. Der Historiker weiß, dass damals in vielen Gemeindeverwaltungen und Kirchengemeinden Ehrenbücher angefertigt werden sollten, doch der verlorene Krieg und das damit verbundene Ende der Nazi-Herrschaft machten das Vorhaben zunichte. „In der Nachkriegszeit standen andere Dinge im Vordergrund, nicht zuletzt musste das Überleben gesichert werden“, erklärt Ahland. So gerieten die Unterlagen in Vergessenheit und ermöglichen erst heute eine historische Einordnung über das Handeln der örtlichen Verwaltung. Über das Vorgehen des Amtes Unna-Kamen berichtet Guillaume Destrac: „Die Hinterbliebenen der gefallenen Soldaten wurden von Amtsbürgermeister Voß angeschrieben und darum gebeten, Fotos, Lebenslauf und Feldpostbriefe für das Ehrenbuch einzureichen. Das Anschreiben ist mit militärischem Pathos überzogen, zuweilen hat die Sprache auch religiöse Züge. Es geht um das Opfer, das für Führer und Volk erbracht worden sei und mit dem Ehrenbuch anerkannt werden solle.“ Destrac ist gebürtiger Franzose und hat Germanistik studiert. Die wissenschaftliche Beschäftigung mit den alten Akten erlebt er als Bereicherung seiner Arbeit. „Solche Primärquellen sind höchst interessant und manchmal auch sehr rührend, wenn etwa junge Soldaten Feldpostbriefe an ihre Mutter schreiben“, sagt er.  Auch für Familienforscher könnte das wiederentdeckte Archivgut von großem Interesse sein. „Direkte Angehörige wird es nach so langer Zeit vermutlich kaum noch geben, schon allein, weil die meist sehr jungen Männer noch keine Familien gegründet hatten, aber für die Nachfahren könnten die Akten eine Quelle der Forschung sein“, erklärt Dr. Ahland.

Immerhin finden sich in der Sammlung bekannte Familiennamen, die auch heute noch in den Ortsteilen Oberaden und Weddinghofen existieren, etwa der von Kurt Löbbe, der mit 21 Jahren in Afrika fiel. Sein Vater war der bekannte Maschinenkonstrukteur Wilhelm Löbbe, nach ihm sind in Oberaden und Lünen Straßen benannt. Beispielhaft sollen auch die Namen von Wilhelm Baecker, Wilhelm Beckmann, Werner Erdmann, Eduard Freihoff, Karl Keinemann, Walter Leidecker, Walter Ostendorf oder Fritz Rumpf genannt werden. Ihre Karteien sind mit Lichtbild und teilweise mit einem Feldpostbrief im Archivgut vorhanden. Auch für Schulklassen eignet sich das Material, um Geschichte im Unterricht nahbar zu machen. Die alten Akten werden dem Stadtarchiv in Unna noch weitere Arbeit bereiten. In den nächsten Monaten sollen die Dokumente digitalisiert werden, um sie als Scan der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. „So schonen wir die Originale“, erklärt Dr. Ahland. Der dauerhafte Erhalt des Materials liegt ihm am Herzen: „Die Sammlung verdeutlicht den Wahnsinn des Krieges, dem eine ganze Generation junger Männer geopfert wurde.“

Ganz anders verhält es sich mit den Altgemeinden Bergkamen, Heil, Rünthe und Overberge, die früher zum Amt Pelkum gehörten. Aus der alten Verwaltung sind keine Gefallenenakten für ein Ehrenbuch erhalten. Das ergab eine Anfrage beim Stadtarchiv in Hamm. Angehörige von gefallenen Soldaten können sich aber bis heute an das Bundesarchiv wenden, wo die Personalunterlagen der Wehrmacht am Standort Berlin aufbewahrt werden. Auch viele Jahre nach dem Krieg interessieren sich Kinder, Enkel oder Urenkel für das Schicksal ihrer Vorväter, die an der Front den Tod fanden.

 

Für folgende Personen liegt eine Gefallenenakte vor:

 

Altgemeinde Weddinghofen

Wilhelm Baecker, geb. 30.05.1917, gef. 26.08.1942

Eugen Buschmann, geb. 28.12.1923, gef. 22.09.1942

Bernhard Dera, geb. 25.08.1915, gef. 19.06.1942

Wilhelm Florian, geb. 03.10.1908, gef. 08.11.1941

Franz Hollenbeck, geb. 07.03.1915, gef. 27.06.1941

Hans Höwer, geb. 29.04.1916, gef. 26.03.1940

Erich Kollmann, geb. 30.12.1915, gef. 14.08.1943

Kurt Linde, geb. 15.10.1924, gef. 24.04.1943

Josef Lücking, geb. 20.04.1912, gef. 26.01.1942

Heinrich Nielinger, geb. 13.08.1922, gef. 20.08.1942

Walter Ostendorf, geb. 29.09.1914, gef. 22.05.1942

Walter Schmiedinghof, geb. 09.05.1923, gef. 28.09.1942

Ewald Seepe, geb. 17.04.1915, gef. 11.11.1941

 

Altgemeinde Oberaden

Hans Lothar Aderhold, geb. 26.12.1921, gef. 28.06.1942

Karl-Heinz Aleite, geb. 11.11.1919, gef. 16.12.1941

Wilhelm Beckmann, geb. 27.09.1919, gef. ?

Wilhelm Borgmann, geb. 10.08.1918, gef. 26.11.1941

Bernd de Haan, geb. 06.08.1912, gef. 11.07.1941

Emil Erdmann, geb. 11.12.1913, gef. 17.07.1942

Werner Erdmann, geb. 12.11.1922, gef. 15.02.1943

Eduard Freihoff, geb. 18.02.1922, gef. 21.08.1943

Friedrich Hüsing, geb. 10.02.1917, gef. 04.08.1941

Theodor Kappelhoff, geb. 15.05.1914, gef. 07.10.1942

Karl Heinrich Keinemann, geb. 18.05.1914, gef. 18.12.1943

Walter Kröger, geb. 22.01.1913, gef. 15.03.1943

Alexander Kursawa, geb. 26.02.1921, gef. 17.07.1943

Walter Leidecker, geb. 16.10.1917, gef. 03.01.1943

Rudolf Lettmann, geb. 20.03.1915, gef. 03.03.1942

Kurt Löbbe, geb. 13.07.1921, gef. 27.05.1942

Otto Rademacher, geb. 18.08.1903, gef. 18.08.1943

Heinz Rogge, geb. 10.03.1920, gef. 16.07.1943

Alfred Rullmann, geb. 09.12.1923, gef. 07.03.1943

Fritz Rumpf, geb. 30.07.1908, gef. 13.09.1943

Ludwig Rüttger, geb. 30.10.1916, gef. 02.12.1943

Erich Schaeffer, geb. 02.07.1923, gef. 18.04.1943

Rudolf Schlüchtermann, geb. 10.03.1923, gef. 07.07.1943

Willi Schlüchtermann, geb. 08.01.1923, gef. 31.01.1943

Helmut Schmidt, geb. 21.12.1921, gef. 31.01.1941

Fritz Schriewer, geb. 11.06.1913, gef. 13.08.1943

Wilhelm Schroer, geb. 05.09.1915, gef. 13.06.1941

Otto Schröder, geb. 21.10.1921, gef. 22.05.1943

Bruno Schulze, geb. 06.11.1922, gef. 20.07.1943

Ewald Seepe, geb. 15.09.1912, gef. 31.01.1942

Erwin Stockhecke, geb. 16.03.1922, gef. 31.01.1944

Friedrich Stockhecke, geb. 25.02.1909, gef. 25.11.1942

Heinrich Voss, geb. 24.06.1921, gef. 05.07.1943

Wilhelm Voss, geb. 06.05.1918, gef. 13.09.1943

Karl Heinrich Weber, geb. 11.03.1923, gef. 04.12.1942

Fritz Wille, geb. 03.07.1918, gef. 07.12.1943

Willi Wille, geb. 26.10.1914, gef. 20.12.1943

Emil Witte, geb. 15.11.1916, gef. 20.04.1943

Karl Heinrich Witte, geb. 16.02.1919, gef. 08.04.1942