Adelssitz und Schultenhof: Das Haus Wedeling in Rünthe-West

Am Fürstenhof befand sich im Mittelalter ein Adelssitz. Später wurde daraus ein Schultenhof. Das Foto stammt aus den 1950er Jahren. (Bildnachweis: Stadtarchiv Bergkamen)
Am Fürstenhof befand sich im Mittelalter ein Adelssitz. Später wurde daraus ein Schultenhof. Das Foto stammt aus den 1950er Jahren. (Bildnachweis: Stadtarchiv Bergkamen)

Vor vielen Jahrhunderten gab es in Rünthe zwei Adelssitze. Während das Haus Rünthe wegen der Villa am Ostenhellweg bis heute im Ort präsent ist, ist die Geschichte der adeligen Familie von Wedeling in Vergessenheit geraten. Der frühere Stadtarchivar Martin Litzinger hat ihr in seiner Ortschronik ein Kapitel gewidmet.

Wappen von Wedeling
Wappen von Wedeling

Demnach war der Sitz des Adelsgeschlechts eine Burganlage in Rünthe-West, unweit der Lippe am Ende des heutigen Fürstenhofs gelegen. Von alters her lauten die Flurnamen dort „Hinterster Rittersprung“ und „Vorderster Rittersprung“.  Auch die Bezeichnung "Fürstenhof" war lange vor der Einführung von Straßennamen in Rünthe gebräuchlich. Wahrscheinlich handelte es sich bei der Familie von Wedeling um illegitime Nachkommen des Grafen von der Mark. Ihr Wappen bestand aus dem Märkischen Schachbalken, quer darüber war ein Riegel gelegt, den man früher auch „Bastardbalken“ nannte. Der Adelssitz verschwand bereits vor mehr als 500 Jahren. Einer alten Sage nach soll der letzte Nachkomme des Hauses Wedeling plündernd durch das Münsterland gezogen sein. Die Münsterländer aber setzten sich zur Wehr, meuchelten den Raubritter und machten seine Burg dem Erdboden gleich. Ob die Geschichte der historischen Wahrheit entspricht, kann heute nicht mehr geklärt werden. Tatsache ist, dass Landwirt Friedrich Keinemann in den Jahren 1930 und 1947 bei Erdarbeiten in der Nachbarschaft seines Hofes mittelalterliche Tonware, Gefäßscherben und Reste von Grünsandstein fand, die der alten Burganlage zugeordnet wurden. Ab 1500 befand sich das Gut dann im Besitz des Landesherrn und wurde als Schultenhof verpachtet. Die Bewirtschafter des Hofes nannten sich fortan Schulze (Schulte) Wedeling. Der landwirtschaftliche Betrieb entwickelte sich zum größten Bauernhof in der Gemeinde Rünthe. Im Jahre 1827 veräußerte der preußische Staat für 7.000 Taler den Hof an Carl Leusmann genannt Schulze Wedeling. Seither war das Anwesen privates Eigentum.

Die Wierlingstraße in Rünthe-West (Foto: Manuel Izdebski)
Die Wierlingstraße in Rünthe-West (Foto: Manuel Izdebski)

Anfang des 20. Jahrhunderts ließ die Familie das an der Kreuzung Westenhellweg und Werner Straße gelegene Gasthaus bauen, das viele Rünther noch unter dem Namen Jockenhöfer kennen. Im Ursprung hieß die Gastwirtschaft „Zum schwarzen Diamanten“.  Bergmänner, die von der Schicht aus Werne kamen, sollten dort ihren Durst löschen. Mit dem Tod von Friedrich Schulze Wedeling im Jahre 1910 war die Familie im Mannesstamm erloschen. Seine beiden Töchter führten nach der Heirat den Ehenamen Nacke bzw. Meyer zu Eissen. Wenige Monate vor Beginn des Ersten Weltkriegs wurde das Gut mit den Ländereien an den Georgs-Marien-Verein veräußert. Die beiden Töchter verließen Rünthe, um sich in Ostwestfalen niederzulassen. Der Krieg vereitelte die Pläne für eine rasche Umnutzung des Hofes, erst um 1920 ließ die Zechenverwaltung das Anwesen abreißen. Nur ein landwirtschaftliches Gebäude blieb erhalten und wurde zum Wohnhaus umgebaut. In dieser Funktion steht es noch immer am Ende des Fürstenhofs. Ab 1921 begann die Zeche auf den früheren Ackerflächen mit der Errichtung der Kolonie Rünthe-West. Die Arbeitersiedlung war nach etwa fünfjähriger Bauzeit vollendet. Heute erinnert im Ort die Wierlingstraße an den alten Adelssitz und späteren Schultenhof. Wierling ist die plattdeutsche Variante für Wedeling.