Der Geist der Weihnacht im Schacht III

Die Frühschicht an Heiligabend 1952 am Schacht III in Rünthe. (Bildnachweis: Sammlung Peter Voß)
Die Frühschicht an Heiligabend 1952 am Schacht III in Rünthe. (Bildnachweis: Sammlung Peter Voß)

 

Historische Bilder aus der Bergbauzeit der Gemeinde Rünthe erfreuen sich bei Heimatfreunden großer Beliebtheit. Ein ikonisches Bilddokument ist die Aufnahme, die am Heiligabend des Jahres 1952 von Bergleuten der Frühschicht unter Tage im Schacht III aufgenommen wurde. Häufig wird die Fotografie nach Werne verortet, korrekterweise handelt es sich aber um eine Aufnahme, die in 750 Meter Tiefe unter Rünthe entstand. "Das sind Bergmänner aus Evenkamp und Rünthe, die wohl am Heiligabend noch die Frühschicht machen mussten und sich verabredet hatten, eine Tanne und Baumschmuck mitzubringen", erklärt Peter Voß aus Evenkamp. Er besitzt eine der größten Sammlungen bergbaulicher Fotografien und hat mehrere Bildbände über die Zeche Werne veröffentlicht. Das Foto erhielt er vor Jahren von seinem inzwischen verstorbenen Nachbarn Heinz Kühnel, der zur Frühschicht an Weihnachten 1952 gehörte. "Die Bergmänner haben damals gleich mehrere Aufnahmen gemacht, die heute noch in einigen Familien erhalten sind", erläutert Voß.

 

Vier  Bergleute aus Rünthe sind auf dem Bild erkennbar: Gottfried Gruner steht links vom Weihnachtsbaum, in der Reihe darunter kniet Adolf Kalny. Dritter von rechts ist der damals noch junge Heiner Kelch, der zu der Zeit am Schacht III seine Ausbildung absolvierte. Ganz rechts steht Andreas Penczerzynski. Ein weiteres Exemplar des Fotos befindet sich im Besitz von Jürgen Gruner, der es als Familienschatz bewahrt. Als Kind wurde er auf dem Zechenplatz groß. Seine Familie musste nach dem Krieg aus Schlesien flüchten und kam nach Rünthe, wo Vater Gottfried als Bergmann eine Arbeit fand. Jürgen Gruner wanderte später nach Finnland aus, wo er seit Jahrzehnten lebt und gerne in alten Erinnerungen schwelgt, wenn es um Kindheit und Jugend in der Bergbaugemeinde geht.

 

Aufmerksamen Betrachtern wird auffallen, dass auf dem Foto am Weihnachtsbaum die Kerzen fehlen. Als ehemaliger Steiger der Zeche Heinrich Robert kennt Peter Voß den Grund: "Das erklärt sich von selbst. Wegen der Schlagwetter war eine offene Flamme unter Tage streng verboten. Die Bergmänner kannten die Explosionsgefahr durch das Grubengas." Mit dem Weihnachtsfoto wird die Geschichte verbunden, dass es sich um den ersten Tannenbaum unter Tage gehandelt haben soll. Das darf bei der Vielzahl der Zechen und der vielen Bergleute im Ruhrgebiet berechtigt angezweifelt werden. Möglicherweise war es aber der erste Christbaum, der fotografisch dokumentiert wurde. Viel wichtiger als die historische Genauigkeit ist wohl die gute Absicht, die die Hauer mit ihrer Aktion verbanden, um auch in 750 Meter Tiefe etwas vom Geist der Weihnacht spürbar zu machen, wo sonst nur hart gearbeitet wurde und dauernd Gefahr für Leib und Leben bestand. Die Botschaft der Bergmänner auf dem Foto von damals gilt auch heute: Frohes Fest!