Schäden durch Bergsenkungen sind für die
früheren Bergbaugemeinden im Ruhrgebiet bis heute ein großes Thema. Auch in Rünthe können viele Hausbesitzer ihr Leid klagen. Ein spektakuläres Opfer dieser Bergschäden wurde bereits in den
1950er Jahren die Herz-Jesu-Kirche der katholischen Kirchengemeinde. Damals hatte sich der Kirchturm vom übrigen Baukörper gelöst und geriet im wahrsten Wortsinn in Schieflage. Eindringende
Feuchtigkeit sorgte für massive Schäden. Ab 1956 verhandelte die Kirchengemeinde deshalb mit der Zeche Werne, die als Verursacher nicht gerne in die finanzielle Pflicht genommen werden wollte und
mit Konstruktionsfehlern und Pfusch am Bau argumentierte, um Entschädigungsforderungen abzuwehren. Über drei Jahre zogen sich die zähen Verhandlungen hin, dann erfolgte eine Einigung. Schließlich
wurde der alte Kirchturm im Jahre 1959 abgerissen und ein paar Meter neben dem Kirchenschiff neu errichtet. Außerdem wurde das Eingangsportal komplett umgebaut. Die Baustelle fand nicht nur bei
den Gläubigen in Rünthe große Aufmerksamkeit, auch die damalige Bildstelle des Kreises Unna schickte einen Fotografen. Die Aufnahmen befinden sich heute im Kreisarchiv.
Errichtet wurde die Herz-Jesu-Kirche ab 1908 nach den Plänen des Architekten Maximilian Jagielski. Zwei Jahre später erfolgte die endgültige Fertigstellung. Nahezu vergessen ist, dass das Rünther Gotteshaus ursprünglich dem Stil einer norwegischen Stabkirche nachempfunden war. Jagielski lebte mehrere Jahre in Oslo und ließ sich dort für seine Arbeit inspirieren. Doch davon ist nach dem Umbau vor genau 60 Jahren nichts mehr zu sehen. Vielmehr bilden Turm und Kirchengebäude seither ein ziemlich ungleiches Paar. Einen Schönheitspreis wird die Kirchengemeinde für das Bauwerk wohl niemals gewinnen können, trotzdem ist der Turm für viele Rünther ein Stück Heimat.
Entstanden war die katholische Kirchengemeinde erst durch den Zuzug der vielen Bergleute und ihrer Familien. Lebten um 1900 gerade einmal 110 Katholiken in der Bauernschaft Rünthe, die dem Kirchspiel Herringen angehörte, war ihre Zahl innerhalb eines Jahrzehnts durch die Zechenkolonien auf 2.000 Gläubige angewachsen. Eine seelsorgerische Betreuung vor Ort wurde nötig. Für einige Jahre blieb Rünthe eine Filialgemeinde der Herringer Kirche. Erst im April 1921 wurde die eigene Pfarrei ausgerufen. Sieben Jahre später folgte mit dem Bau einer kleinen Notkirche ein weiteres Gotteshaus für die Katholiken in Rünthe-West. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Einwohnerzahl Rünthes innerhalb von drei Jahrzehnten durch den Bergbau verzwanzigfacht.